LibreOffice 7.6 Banner

Das Ende von LibreOffice?

Vor kurzem kam LibreOffice in der Version 7.6.0 heraus. Neben den üblichen kleinen Verbesserungen und Bugfixes sind die Release Notes in dieser Version besonders spannend.

Fairerweise hat Gerrit in seinem Blog bereits über das Thema geschrieben. Und unserer Meinungen sind in diesem Thema sehr deckungsgleich, dennoch möchte ich hier auf ein paar Punkte eingehen.

Die Veröffentlichungshinweise von LibreOffice 7.6.0 sind dieses mal besonders spannend.

Statement von LibreOffice

Bevor überhaupt auf die Änderungen der neuen Version eingegangen wird, erklärt LibreOffice für die Zukunft ein komplett neues Veröffentlichungsmodell. Es wird in Zukunft keine «Versionsnummern» wie bisher geben, sondern eine ähnliche Versionierung wie es z.b. Ubuntu handhabt.

Die nächste grosse Version wird LibreOffice 24.2 (Februar 2024) sein. Als Begründung für diesen Schritt wird folgendes Angemerkt.

EnglischDeutsch

LibreOffice is the only open source office suite for personal productivity which can be compared feature-by-feature with the market leader. After twelve years and five release cycles – code cleaning, code refactoring, polishing the user interface, extending to new hardware and software platforms, and optimizing interoperability with OOXML to support users – it is increasingly difficult to develop entirely new features, so most of them are refinements or improvements of existing ones.

LibreOffice Announcment

LibreOffice ist die einzige Open-Source-Office-Suite für persönliche Produktivität, die sich in allen Funktionen mit dem Marktführer vergleichen lässt. Nach zwölf Jahren und fünf Veröffentlichungszyklen – Codebereinigung, Code-Refactoring, Aufpolieren der Benutzeroberfläche, Erweiterung auf neue Hardware- und Softwareplattformen und Optimierung der Interoperabilität mit OOXML zur Unterstützung der Benutzer – wird es immer schwieriger, völlig neue Funktionen zu entwickeln, so dass die meisten davon Verfeinerungen oder Verbesserungen bestehender Funktionen sind.

Deutsche Übersetzung: LibreOffice Announcment

Etwas salopp formuliert sagt LibreOffice hier klar «mehr geht nicht mehr» wie sind fertig. Wir werden das Produkt so wie es heute ist noch etwas polieren aber keine neuen Funktionen mehr einbauen.

Was bedeutet das?

Ich befürchte, dass durch diese Entscheidung LibreOffice zunehmend weniger Attraktiv wird als die Alternativen. Sowohl Microsoft, wie Google oder z.b. SoftMaker entwickeln gefühlt täglich ihre Office-Produkte weiter.

Wenn man sich z.b. ansieht was man mit Microsoft CoPilot in seinem Office alles machen kann (SoftMaker Office bietet hier ebenfalls bereits KI-Integration an) merkt man sehr schnell – das «Office» längst nicht ausentwickelt wurde.

Etwas verträumt formuliert, beginnt im Grunde gerade die Neuerfindung von Office Anwendungen.

Wenn LibreOffice solche oder ähnliche Funktionen in Zukunft nicht anbieten kann, wird die eh schon sehr geringe Nutzerbasis immer weiter verschwinden.

Warum wird die Entwicklung von LibreOffice zurückgefahren?

Die Veröffentlichungshinweise geben keine Rückschlüsse auf diese Entscheidung zu. Aber wer Open- und LibreOffice schon länger kennt.

Einerseits ist LibreOffice ein extrem umfangreiches Projekt, verschiedene Anwendungen. Writer, Calc, Impress, Base, Draw und Math sind für sich alleine schon sehr komplexe Anwendungen, die alle in einer Suite und das auch noch plattformunabhängig für alle möglichen Betriebssysteme ist ein sehr grosser Aufwand.

Zugleich ist der Code historisch. LibreOffice wurde ursprünglich aus dem Code von OpenOffice.org geforkt, und dieser Code hat seine Wurzeln in StarOffice, das in den 1980er Jahren entwickelt wurde. Obwohl viele Teile des Codes im Laufe der Jahre überarbeitet und modernisiert wurden, gibt es immer noch Teile des alten Codes, die bis heute so beibehalten wurden.

Durch diese Tatsachen, fällt es interessierten neuen Entwicklern schwer sich in den Code einzuarbeiten und daran mitzuarbeiten.

Der Rückzug von RedHat

Vor rund 3 Monaten hat RedHat verkündet, dass sie ihren Support für LibreOffice einstellen werden.

Die Entscheidung ist nicht weiter verwunderlich, da das Geschäftsfeld von Red Hat grosse Enterprise Kunden sind, und gerade diese Kunden sind im Jahr 2023 nicht mehr an einer Office-Suite interessiert bei der nicht mal mehrere Personen gleichzeitig an einem Dokument arbeiten können.

Ich denke, dass der Rückzug vom Red Hat Personal, und die Schwierigkeiten neue Entwickler zu finden nun der Grund ist, warum LibreOffice in Zukunft nur noch auf die Produktpflege spezialisiert.

Meine Meinung?

Die jüngsten Entwicklungen bei LibreOffice sind sowohl nachvollziehbar als auch ein wenig besorgniserregend. Wenn man die Historie und den Umfang des Projekts berücksichtigt, ist es verständlich, dass die Verantwortlichen vor Herausforderungen stehen. Die Kombination aus altem Code, der Schwierigkeit, neue Entwickler zu gewinnen, und dem Rückzug von RedHat sind eindeutige Indikatoren für die aktuellen Schwierigkeiten des Projekts.

Doch während ich die Entscheidungen und die daraus resultierenden Konsequenzen von LibreOffice verstehe, sehe ich auch die potenziellen Auswirkungen auf die Open-Source-Gemeinschaft und die Nutzerbasis. LibreOffice hat sich einen Namen als eine der wenigen echten Open-Source-Alternativen in der Office-Suite-Welt gemacht. Eine Verringerung ihrer Weiterentwicklung könnte eine Lücke im Open-Source-Ökosystem hinterlassen.

Persönlich habe ich vor vielen Jahren den Übergang zu SoftMaker Office gemacht und bin zufrieden mit meiner Wahl. Doch das bedeutet nicht, dass ich nicht an die Bedeutung von LibreOffice und das, was es für die Gemeinschaft bedeutet, glaube. Mein Wunsch wäre es, dass sich trotz der aktuellen Rückschritte und Herausforderungen weiterhin eine engagierte Gemeinschaft hinter LibreOffice formiert, um es am Leben zu halten und vielleicht in eine neue, innovative Richtung zu lenken.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

5 Antworten zu «Das Ende von LibreOffice?»

  1. Avatar von Mario

    Also ich fände es echt schade wenn LibreOffice in Zukunft nicht mehr wirklich mit MS Office konkurrieren könnte. Ich empfehle seit Jahren allen Leuten privat LibreOffice zu verwenden, allein schon aus Kostengründen. Ich habe habe meine Abschlussarbeit als Fachinformatiker in LibreOffice geschrieben sowie meine Präsentation mit Impress gehalten.
    Ich war daher der einzige der seinen Laptop mitschleppen musste zur IHK weil die nur einen Rechner mit MS Office bereitgestellt haben.
    Aber MS geht auch immer weiter in den Bereich WebApp was ich sehr kritisch sehe. Zumindest bei mir müssen alle Programme auch offline komplett laufen zum Arbeiten da ich oft da arbeite wo ich kein oder sehr schlechtes Internet habe. Und ich will bestimmt nicht irgendwann meinen Hotspot am Handy anmachen müssen nur um ein Textdokument zu erstellen.
    Ich bin hier eh gespannt wo in Zukunft die Reise hingeht.

    Gruß aus dem Ruhrgebiet
    Mario

    1. Avatar von Samuel

      Da sind wir völlig unterschiedlich. Meine Linux Arbeitsmaschine hat ein integriertes 5G Modem und ich hab da eine Sim Karte mit unbegrenzten 5G Internet in ganz Europa drin – bin da also immer online.

      Und mein Macbook nutzt im Zweifel einfach den Hotspot vom iPhone was ja in der Apple Welt sehr einfach geht und man das iPhone dazu nicht mal anfassen muss.

      1. Avatar von Speichenbieger
        Speichenbieger

        Ich arbeite in der Eventbranche, in den TV Studions in Klön habe ich z.B. immer auch Wlan. Aber nicht an jeder Lokation.
        Nen Unlimit Vertag? Was zahlt man bei euch für sowas? Hier ist man bei gut 90€ dafür, plus habe die zum echt schlechte Abdeckung des 5G Netzes.

        1. Avatar von Samuel

          Naja bisher habe ich dafür 29.90 CHF bezahlt (ca 30 Euro). Ab nächsten Monat sind es nur noch 24.95 CHF mein Anbieter senkt die Preise 🤷‍♂️

          Ich bezahle noch Extra 5 CHF für zweite Sim Karte (für das 5G Notebook)

          Ich schreibe diesen Kommentar gerade während einer kleiner Wanderpause.
          Ich bin auf einem Berg irgendwo im Nirgendwo auf rund 2‘000 Meter und mein iPhone hat 5G Empfang (2 von 4) Balken.

          Sieht übrigens traumhaft aus:

          https://swiss.social/@srueegger/111080874250906229

          1. Avatar von Speichenbieger
            Speichenbieger

            Die Preise sind ja ein Traum.
            Empfang ist hier auch so eine Sache… wobei ich es schon erlebt habe als ich im Rothaargebirge mit den Kindern wandern war, dass der Empfang oben in den Bergen besser war als unten in den Orten. Auch wieder so typisch Deutschland.
            Wir haben hier noch einige Regionen wo man echt schlechten Empfang hat.
            Bei so einem Preis hätte ich wohl auch so einen Vertrag.

            Übrigens, wäre cool wenn Du einbauen könntest, dass man ne Mail bekommt wenn auf einen Kommentar geantwortet wird.
            Das andere ist, dass Links in einem neuen Tab geöffnet werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Einträge